Nachdem wir uns fotografisch beim letzten Mal in den Benelux-Staaten bewegten, bleiben wir diesmal in Deutschland, dem aktuellen Thema der Fotobuch-Plauder-Ecke.
Florian wählte einen über die Grenzen Deutschlands bekannten Reportage-Fotografen: Robert Lebeck und sein Buch „Hierzulande“ aus der gleichnamigen Ausstellung.
Hierzulande
Robert Lebeck
Steidl Verlag
192 Seiten, rd. 170 Abbildungen
Hardcover
20 x 28,5 cm
05/2023
ISBN 978-3-96999-215-9
35 € (vergriffen)

Auch meine Wahl fiel auf einen Reportage-Fotografen, der genau wie Robert Lebeck zwischenzeitlich zahlreiche Reportagen für den Stern in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts fotografierte. Außerdem war er für das Zeitmagazin und auch das Art-Magazin tätig: Dirk Reinartz.
Der gebürtige Aachener absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Fotografen beim Fotohaus Preim im Herzen von Aachen. Anschließend studierte er an der Folkwang Schule in Essen Fotografie, bevor er sich der Auftragsfotografie für Magazine widmete. Parallel zu seinen Auftragsarbeiten war es ihm immer wichtig, auch eigene, freie Serien zu fotografieren. Und hier widmete er sich vor allem seinen Heimatland Deutschland. Bekannte Serien von ihm sind zum Beispiel die Serie „totenstill“ mit Fotografien von Konzentrationslagern oder eine Serie über Bismarck-Denkmäler in Deutschland. Im Alter von 57 Jahren verstarb Reinartz in Berlin.
Für den Podcast wählte ich heute sein Buch: Innere Angelegenheiten, das 2003 im Steidl Verlag erschienen ist.
Passend zur aktuellen Jahreszeit sind die darin enthaltenen Fotografien grau, blass, man würde vielleicht von entsättigt sprechen. Dirk Reinartz zeigt bei seinen rund 80 Aufnahmen auf den 128 Seiten keine Menschen, lediglich die Spuren von Menschen sind auf diesen etwas anderen Streetfotos zu entdecken. Seine Bilder zeigen eine Art Tristess, das Grau des Himmels und die entlaubten Bäume im Herbst oder Winter unterstreichen diese Ansicht.

Gemäß den wenigen Beschreibungen im Buch entstanden die Aufnahmen in einer Zeit von 1989-2002, also grob gesagt, in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Mehr Informationen zu den Aufnahmeorten zum Beispiel findet man nicht.
Aber was zeigen die Aufnahmen jetzt nun?
Dirk Reinartz zeigt ein Deutschlandbild, dass vermutlich überall in Deutschland so, oder so ähnlich, zu finden wäre. Er zeigt Szenen, die wir, wenn wir aufmerksam durch eine Stadt gehen vergleichbar wahrnehmen könnten. Alleine schon das Titelbild ist so eine typische Szene: eine verlassene, asphaltierte Fläche vor einer gelben, gräulich verschmutzten Hauswand. Darauf verteilt zwei rote Bälle, ein Dreirad und ein lieblos weggeworfener Holzroller. Andere Szenen im Buch zeigen zum Beispiel verlassene Garagenhöfe oder heruntergekommene Hauseingänge. Menschen sucht man in diesem Buch vergebens, allenfalls nur als Abbildung.

Und das Fazit?
Im November, wenn das Licht hinter Wolken verhangenem Himmel verschwindet, fällt es mir persönlich schwer zu fotografieren. Alles wirkt etwas trist, gräulich. Diese Stimmung hat Dirk Reinartz eingefangen und damit ein vielleicht etwas anderes als erwartetes Deutschlandbild entworfen. Fernab von Attraktionen oder hervorragenden Landschaften zeigt er ein Bild, was er trostlos wirkt, aber damit gleichzeitig auch sehr vertraut. Viele der gezeigten Bilder kennen wir so in etwa. Und das machte für mich das Buch interessant. Es macht Spaß darin herum zu blättern und die Ansichten sich anzuschauen, an denen man oft einfach nur vorbeigehen würde und die Szenen vielleicht einmal etwas bewusster wahrzunehmen. Mir hilft diese Sicht auf die alltäglichen Dinge auch bei Spaziergängen an einem gräulichen November-Tag.

Innere Angelegenheit
Dirk Reinartz
Steidl Verlag
128 Seiten, rd. 150 Abbildungen
Hardcover
18,5 x 25 cm
10/2003
ISBN 978-3-88243-947-2
35 € (vergriffen)

Links:
Dirk Reinartz – Innere Angelegenheiten
Dirk Reinartz – Innere Angelegenheiten (Amazon *)
YouTube-Video über Dirk Reinartz
Robert Lebeck – Hierzulande (Amazon*)
Robert Lebeck – Neugierig auf Welt – Biographie (Amazon*)
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