Das Bild des ehemaligen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück mit ausgestrecktem Mittelfinger kennen vermutlich viele. Entstanden ist dies in der Serie des Magazins der Süddeutschen Zeitung „Sagen Sie jetzt nichts“ und löste in der Folge eine Reihe von Diskussionen aus.
Die Idee statt Worten Gesten in Interviews sprechen zulassen greift der Journalist Christoph Krelle in seinem kleinen Bildband „Nicht sprachlos, nur ohne Worte“ auf. Die entstandenen Bilder sind vielleicht nicht so provokant wie das Bild im Jahre 2013, aber sicher nicht weniger kreativ.
Freundlicherweise hat mir Christoph Krelle ein Rezensionsexemplar des Buches zukommen lassen. Vielen Dank dafür! Die folgende Rezension basiert auf meiner eigenen Meinung und ohne Vorgaben von außen.
Nachtrag im August 2021:
Zwischenzeitlich hat mit Christoph Krelle mitgeteilt, dass das Buch aus dem Verlagsprogramm gelöscht wird, und dann nicht mehr darüber erhältlich sein wird. Ich hoffe, dass dieses spannende Projekt vielleicht in einer anderen Form weiter einem interessierten Publikum zur Verfügung steht.
Über den Autor:
Der Autor des Buches, Christoph Krelle, wurde 1988 in Ludwigslust geboren. Der gelernte Journalist hat bereits für zahlreiche bekannte Magazine und Zeitschriften geschrieben. Desweiteren veröffentlichte er im tredition-Verlag mehrere Bücher.
Über das Buch:
Inspiriert wurde Christoph Krelle für den vorliegenden, kleinen Bildband nach eigenen Angaben durch das Buch „The Frenchman. A Photographic Interview with Fernandel“ von Philippe Halsmann (Amazon * / Thalia *). In seinem Buch „Nicht sprachlos, nur ohne Worte – Fotointerviews aus Hamburg“ fotografiert der Journalist insgesamt acht Personen aus Hamburg und stellt ihnen unterschiedliche Fragen. Das Besondere sind die Antworten, die nicht mit Worten, sondern mit Gesichtsausdrücken oder Gesten fotografisch dargestellt werden.
Zu Krelles „Gesprächs“-Partnern zählen folgende Personen:
Viktor Hacker, Türsteher des Hamburger Kiez, der zusätzlich im Kabarett tätig ist und als Sprecher für Hörbücher, Podcast und Radiobeiträge bekannt ist.
Katja Suding, FDP-Politikerin in Hamburg und stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei.
Lutz Herkenrath, Schauspieler, den viele Menschen als den Marktleiter aus der RTL Serie „Ritas Welt“ kennen. Heute ist er als Coach tätig.
Isabel García, Rednerin. Die gelernte Sängerin schrieb bereits erfolgreiche Kommunikationsratgeber, gibt Seminare und veröffentlicht einen Podcast zum Thema Kommunikation.
Sonja Gründemann, Sängerin und Business Coach. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte sie eine Ausbildung für Schauspiel, Gesang und Tanz und arbeitete als Schauspielerin. Auch sie arbeitet heute als Coach für Unternehmen.
Sabine Grofmeier, diplomierte Musiklehrerin und international bekannte Klarinettistin, die bereits in Zentral- und Südamerika als Kulturbotschafterin für das Goethe-Institut tätig war.
Laura Zimmermann, Violinistin, die sich besonders im Bereich Pop-Musik mit ihrer Geige einen Namen gemacht hat und nun mit bekannten DJs weltweit auftritt.
Sonja Bühler, studierte Sängerin, die bereits im Mailänder Dom auftrat und heute Gesangsschüler unterrichtet.
Jeden dieser Protagonisten werden persönliche, 8-9 Fragen gestellt, so muss sich die Politikerinnen Katja Suding zum hanseatischen Haushaltsplan äußern und der Schauspieler Lutz Herkenrath zu seiner Vergangenheit in der Sendung „Ritas Welt“.
Jeder der Interviewten gibt seine Antworten auf sehr individuelle Weise, zum Teil werden dazu auch Requisiten wie Klarinettenblätter oder Tennisschläger verwendet. Alle in Schwarz-Weiß gefertigten Fotografien haben gemeinsam, dass sie offensichtlich in Hamburg aufgenommen worden sind. Oft sieht man den Hamburger Hafen oder die Gebäude an der Alster im Hintergrund, so dass sich die Bilder relativ gut verorten lassen.
Allerdings gibt es für mich auch einen Kritikpunkt bei diesem ansonsten sehr gelungenen Projekt. Meiner Meinung nach liegt der Schwerpunkt in einem Interview in der Antwort des Gefragten, also bei diesem Bildband bei den Fotos. Die Druckqualität der gut gestalteten Portraits ist jedoch sehr unterschiedlich, zum Teil , z.B. bei Isabel García, sehr pixelig. Möglicherweise liegt dies am Druckprozess. Leider kenne ich zum Vergleich keine anderen Bücher des tredition-Verlages, einer Kombination aus Verlag und Selfpublishing. Dieses Manko finde ich sehr schade, da die Idee und Ausarbeitung des Projektes ansonsten hervorragend ausgedacht und die Umsetzung sehr kreativ gelungen ist. Die annäherend quadratischen Seiten des handlichen Buches sind recht fest, der wenige Text wird gut wiedergegeben. Ein weiterer kleineren Kritikpunkt an meinem Exemplar war, dass die ersten Seiten zusammenklebten und ich diese ganz vorsichtig lösen musste, um dem Buch keinen Schaden zuzufügen. Die Einbandseiten zeigen bereits nach dem ersten Aufklappen kleinere Bruchstellen und lösten sich zügig, inwieweit dies bei meinem Exemplar ein Einzelfall ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, auch hier fehlt mir der Vergleich zu anderen Exemplaren des Verlages.
Fazit:
Die Idee und das Konzept des kleinen Buches sind mehr als gelungen. Acht berühmte Persönlichkeiten aus Hamburg auf diese Weise zu interviewen und Facetten von sich zu zeigen, die man vielleicht sonst nicht so gesehen hat, ist dem Autor wirklich gut gelungen. Mich erinnert das Konzept auch an die Serie im Magazin der Süddeutschen Zeitung „Sagen sie jetzt nichts“, auch wenn gemäß den Angaben im Buch der Autor von Philippe Halsmanns „The Frenchman“ inspiriert wurde.
Schade finde ich, dass die Buch- und Bildqualität, auf die es bei diesem kleinen Bildband auch ankommt, vermutlich drucktechnisch, nicht mit der Idee mithalten kann und die Fotos nicht optimal zur Geltung bringt. Vielleicht kann man hier in einer weiteren Auflage noch ein wenig nachbessern.
Eckdaten zum Buch:
Hardcover
84 Seiten
ca. 21 x 18 cm
18,90 € (D)
tredition – Verlag
Oktober 2020
ISBN: 978-3-347-08960-0
Links:
Amazon *
Thalia *
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Vielen Dank an Christian Krelle, der mir das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.