Ein geschicktes Wortspiel und der Name des Jazz-Musikers Till Brönner auf einem Bildband? Dass ich da neugierig wurde, war ja klar.
Für das MKM Museum Küppersmühle in Duisburg fotografierte Till Brönner das Gesicht des Ruhrgebietes. Der Bildband „Melting Pott“ * aus dem Wienand-Verlag ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die noch bis Oktober 2019 in Duisburg zu sehen ist. Der Verlag hat mir freundlicherweise ein Exemplar zur Rezension zugesandt.
Über den Fotografen:
Der 1971 in Viersen geborene Till Brönner ist als Jazzmusiker mit seiner Trompete sicherlich vielen vertraut.
Sein musikalisches Talent wurde bereits in der Schule erkannt und gefördert. Dadurch war es Till Brönner möglich zu einem der besten Jazzmusiker der Welt zu werden. In dieser Funktion spielte er zusammen mit anderen goßen Namen schon im Weißen Haus. Zu dem ist er Professor an der Musikhochschule in Dresden.
Was zumindest mir nicht bekannt war, ist die Tatsache, dass er neben seiner Leidenschaft für die Musik auch die Kunst der Fotografie ausübt. Bereits 2014 ist sein Bildband „Faces of Talent“ * erschienen.
Über den Bildband:
Bereits das Cover des Bildbandes zur Ausstellung „Melting Pott“ ist ein Hingucker. Das Hintergrundbild zeigt eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von Fußballfans im Dortmunder Fanblock beim Torjubel. In großen, neon-orange-farbenen Buchstaben steht der Name des Fotografen sowie der Titel des Buches. Das Wortspiel „Melting Pott“ als Mischung zwischen dem englischen Ausdruck für Schmelztiegel und dem umgangssprachlichen Namen des Ruhrgebietes „Ruhrpott“ ist ein gelungener Titel. Wie in einem Schmelztiegel die Metalle gemischt werden, so leben seit vielen Jahrzehnten ganz unterschiedliche Menschen im Ruhrgebiet neben- und miteinander. Außerdem war die Metallproduktion neben dem Bergbau der Industriezweig, den das Ruhrgebiet groß gemacht hat. Auch heute noch kann man die Spuren davon an vielen Ecken des Ruhrgebietes erkennen.
Zurück zum Buch: Schwarz-weiß und Orange sind die Farben, die dieses Buch bestimmen. Die Kapitel werden mit schwarzen Seiten und orange Beschriftungen begonnen. Die einzelnen Kapitel, die alle mit dem Buchstaben A beginnen, lauten:
- Auftakt
- Aufbruch
- Auftritt
- Aufwind
- Aufsehen
Unterbrochen werden die Kapitel mit Texten, zur Entstehung und Idee des Bildbandes. Till Brönner äußert sich selbst in einem Interview zu seiner Überlegungen bei den vorgestellten Fotografien.
Das Buch beginnt, wie man es für einen Bildband des Ruhrgebiet erwartet, mit Fotografien von Bergleuten. Danach zeigt der Katalog einen Querschnitt durch das gesamte Ruhrgebiet. Es gibt Bilder von Zechen, von kleinen „Büdchen“ (Kiosk), Detailaufnahmen von Maschinen und Landschaftsaufnahmen. Und zwischendrin immer wieder Menschen, mal gestellte Portraits, mal dokumentarisch anmutende Fotos. In der Darstellung der Menschen liegt sicher auch der Schwerpunkt. Till Brönner vereint hier berühmte Persönlichkeiten, zum Beispiel aus dem Sport (Reus, Fährmann, Götze, Stevens) oder aus dem Fernsehen (Dunja Hayali, Klaus J. Behrend) mit normalen Menschen wie einem Currywurst-Koch oder einem Ordner im Fußballstadion.
Die Bilder werden großformatig, meist auf einer einzelnen Seite abgebildet. Außer der Seitenzahl findet man keinerlei weitere Informationen zu den Fotos. Wer erfahren möchte, wo das Bild entstanden ist, oder wer darauf abgebildet ist, muß zum Index am Ende des Buches blättern, dort erfährt man mehr.
Die überwiegende Anzahl der Fotografien ist schwarz-weiß, immer wieder mischen sich aber auch bunte Bilder in das Gezeigte. Ähnlich verhält es sich mit dem Format, das Meiste ist querformatig abgebildet und dann taucht auch wieder ein hochformatiges Bild auf.
Die Qualität des rund 220 Seiten Bildbandes kann man nicht nur sehen und fühlen, sondern aus meiner Sicht diesmal auch riechen. Als ich das große, schwere Buch ausgepackt habe, roch es nach „neuem Buch“, nach „frischem Druckerzeugnis“. Ich mag diesen Geruch, auch wenn ich nicht beschreiben kann, was ich damit verbinde. Dass die Fotos in einer herausragenden Druckqualität sind und die festen Seiten eine angenehme Haptik aufweisen, brauch ich wohl nicht zu beschreiben.
Fazit:
Für mich ist das Ruhrgebiet vielseitig, unterschiedlich, bunt und ehrlich. Till Brönner stellt diese Komplexität dar, in dem er auch seinen Bildband vielseitig, unterschiedlich und bunt aufgebaut hat. Die Bilder, die er zeigt sind gänzlich verschiedenen, was man am Format und der Farbe, aber auch an der Art der Fotografie merkt. Da sind gestellte, wie im Studio aufgenommene Portraits neben Szenen auf der Straße zu finden, da sind Detailaufnahmen neben Landschaftsaufnahmen abgebildet. Ganz unterschiedliche Menschen finden nebeneinander im Bildband Platz, und doch sind auch alle Assoziationen, die man mit dieser Region verbindet, im Buch enthalten.
Eckdaten zum Buch:
Hardcover
224 Seiten
ca. 29,5 x 24,5 cm
Erschienen Juli 2019
ISBN: 978-3-86832-538-6
35 € (D)
Links:
*Affiliate-Link
Der Bildband wurde mir vom Wienand-Verlag als Rezensionsexemplar überlassen. Vielen Dank dafür. Meine ehrliche Bewertung ist davon natürlich unabhängig.