Eine Utopie ist der Entwurf einer möglichen, zukünftigen, meist aber fiktiven Lebensform oder Gesellschaftsordnung, die nicht an zeitgenössische historisch-kulturelle Rahmenbedingungen gebunden ist. So steht es bei Wikipedia.
Ein Leben in Utopia? In meinen Gedanken klingt das nach Freiheit, Harmonie und einer Welt in Frieden. Auroville in Südindien möchte ein solcher spiritueller Ort sein.
Der Fujifilm X-Photographer David Klammer hat diese Stadt mehrfach besucht und zeigt im Bildband „Good Morning Auroville“ (Amazon * / Thalia *) in Fotos und Gesprächen, wie das Leben in „Utopia“ ist.
Erschienen ist das Buch im Edition Bildperlen-Verlag, die mir es freundlicherweise zur Rezension zur Verfügung gestellt haben.
Im Podcast hatte ich ausführlich die Gelegenheit mit David Klammer über dieses Buch und die Arbeit als Reportage-Fotograf zu sprechen.
Über den Autor:
Der aufmerksame Leser dieses Blogs wird den Namen des Fotografen David Klammer schon mehrfach hier im Blog gelesen haben. Der gebürtige Berliner war schon mit Bildern im Bildband „elf uhr elf“ über den Kölner Karneval und in dem Buch „Fujifilm X-photographers“ mit unterschiedlichen Bilderstrecken vertreten. Bewußt ist er mir in der Ausstellung „Rückblende“ aufgefallen, einem Wettbewerb zur politischen Fotografie. Dort gewann er 2018 mit einer Serie über den Kampf um den Hambacher Forst den 1. Preis.
Das Kunstdesign-Studium an der Folkwang-Schule schloss er mit einer Fotoreportage über das „3. Geschlecht in Indien“ ab. Danach folgten weitere Reportage für bekannte Magazine wie Geo, Stern und Zeit. 2007 gewann er beim renommierten WorldPressPhoto-Award den dritten Platz in der Kategorie Sport mit einer Serie über Fans bei der WM 2006 in Deutschland.
Seit 2007 ist er in der Fotoagentur LAIF vertreten und seit 2019 Fujifilm-X-Photographer.
Aus dem Klappentext:
Wie lebt es sich in einem real existierenden Utopia? Einem Ort, in dem es keinen Bürgermeister gibt, keine Polizei, keine Gefängnisse. Wo Geld keine Rolle spielen soll. Und sich der Reichtum der Bewohner nicht durch materiellen Besitz manifestiert, sondern durch gelebte Individualität und Spiritualität. Auroville, gegründet 1968 unter dem Schutz der UNESCO in Südindien als Weltort zur Förderung der menschlichen Einheit, ist eine der letzten intentionellen Gemeinschaften, die nach 50 Jahren immer noch stetigen Zustrom erfährt. Heute leben über 3.000 Menschen aus 50 Nationen in der experimentellen Stadt, die aus hunderten Communities besteht, welche organische Landwirtschaft und Wiederaufforstung betreiben, oder sich dem Integralen Yoga widmen. Der Fotograf David Klammer ist auf mehreren Reisen den Bewohnern dieses ungewöhnlichen Ortes näher gekommen. »Good Morning Auroville« zeigt die Stadt, die Menschen und ihre lebendige Gemeinschaft auf verschiedenen Bild- und Textebenen. Und erklärt oder verklärt die »Stadt der Morgenröte « nicht, sondern liefert in diesem Bild-Text-Buch Puzzleteile einer faszinierenden Gemeinschaft des ewigen Lernens, die weltweit einzigartig ist.
Über das Buch:
Wie oft im Leben ist der erste Eindruck, das was einen zunächst einmal prägt. Bei dem Bildband „Good Morning Auroville“ ist dies der in Gold-Gelb-Tönen gehaltene Einband. Der Titel in goldener Schrift glänzt, dazu ein goldenes „Irgendwas“ aus verschiedenen goldenen Tellern zu einer wohl riesigen Kugel geformt. Allein das Farbspiel und der Name Auroville liessen mich an etwas Esoterisches oder Fantastisches denken.
Und nach dem Öffnen des Bildbandes gibt ein skizzierter Stadtplan einen ersten Überblick. Durch einleitende Texte über Utopia und insbesondere einem kurzen Reisebericht von Maddy Crowell erfährt man schon mehr über das, was den Betrachter auf den nächsten Seiten erwartet.
Die Fotografien im Buch sind zwei geteilt. Man findet viele Porträts von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Die Kleidung, das Auftreten und die Umgebung scheinen ein bißchen mehr über den Menschen in Auroville zu verraten. Neben jedem Bild findet man einen Auszug aus einem Gespräch, das David Klammer mit den Personen vor Ort geführt hat. Die Kernaussage ist noch einmal deutlich hervorgehoben.
Der zweite Teil der Fotografien sind Reportage-Aufnahmen, die David Klammer während mehrere Reisen nach Indien aufgenommen hat: das Leben in Auroville, die Natur und vorallem die Architektur. Und auch hier sind es die warmen Farbtöne, die überwiegen. Man kann die unterschiedlichen Behausungen in dieser doch etwas anderen Welt entdecken, auf geradezu fantastische Bauwerke folgen eher einfache Hütten, die mehr an Bauwagen erinnern.
Die gezeigten Bilder und auch die Gesprächsnotizen zeigen aber nicht nur ein positives Bild. Das Leben wirkt oft etwas karg und in den Texten geht es oft um Geld oder um die Sorge um die Zukunft.
Kommen wir zu der Haptik des Buches: Der Einband fühlt sich matt weich an und hebt sich so von vielen Büchern im Regal ab. Dazu ist er ist fest und die Seiten leicht mattiert und kräftig. Die Druckqualität läßt keine Wünsche offen. Auch das Layout der Texte und der Bildanordnungen ist klar strukturiert und macht es einem leicht, durch die Seiten zu blättern.
Fazit:
Zugegeben, ich hatte bislang noch nie etwas von Auroville gehört. Aber wie oben schon beschrieben, sagte mir der Fotograf David Klammer etwas. Seine Reportagen fand ich bislang spannend und gut fotografiert. Also wollte ich das Buch „Good Morning Auroville“ mir näher ansehen.
Und ich bin nicht enttäuscht worden: mir gefällt an dem Buch, dass David Klammer eine Mischung aus Reportage und Porträt gelungenen ist. Die Fotos der dort lebenden Menschen auf der einen Seite und die Architektur und das Leben im Reportage-Stil auf der anderen. Auch die Texte, die zum Teil von Gastautoren geschrieben und zum Teil aus Gesprächen entstanden sind, tragen dazu bei, ein besseres Bild von der mir bislang unbekannten, utopischen Stadt zu erhalten.
Dabei gefällt mir, dass nicht nur eine Hochglanz-Idylle und Träumerei zu sehen und lesen sind, sondern vielmehr auch die Sorgen und vielleicht auch Ängste der Bewohner Platz in dem Buch gefunden haben, zum Teil offen formuliert, zum Teil zwischen den Zeilen angedeutet.
Der Bildband ist für mich also eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konstrukt „Auroville“, die mich zugegebener Maßen auch etwas überrascht hat. Sorgen und Nöte scheinen ein fester Bestandteil des Menschen zu sein, egal wo und wie er lebt.
Achso eins noch: das goldene „Irgendwas“ auf dem Titelbild ist eine Detailaufnahme des Matrimandir, dem zentralen Gebäude in Auroville, welches Besuchern und Einheimischen zur Meditation offen steht.
Podcast:
Bei einem Besuch des Fotografen in Köln saßen wir in seinem Garten und haben uns über Auroville, aber auch über andere Reportagen unterhalten. Herausgekommen ist ein ausführliches Gespräch, hört gerne hinein:
Empfehlung von David Klammer
Eugene Richards – Cocaine True Cocaine Blue (Amazon *)
Mary Ellen Mark – streetwise (Amazon *)
Eckdaten zum Buch:
Hardcover
192 Seiten
ca. 21 x 26 cm
Erschienen Oktober 2018
Edition Bildperlen
39,95 € (D)
ISBN: 978-3-946328-38-4
Links:
Offizielle Website von Auroville
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Vielen Dank an den Verlag „Edition Bildperlen“ , die mir den Bildband als Rezensionsexemplar überlassen haben.