Für den Monat April wählten wir ein Thema, mit dem ich zunächst nicht viel anfangen konnte: serielle Fotografie.
Umso spannender ist es mal wieder zu schauen, wie wir beiden an dieses Thema herangehen:
Florian wählte direkt auch eine Serie an Büchern aus, nämlich „Diaries“ des Fotografen Peter Bialobrzeski:
Diary Zürich, Istanbul, Wolfsburg
Klappenbroschur
14 x 21 cm
112 Seiten (Zürich) / 96 Seiten (Istanbul) / 112 Seiten (Wolfsburg)
22 €
ISBN 978-1-908889-65-2 (Zürich), 978-3-96070-104-0 (Istanbul), 978-1-908889-34-8 (Wolfsburg)
Mehr dazu -wie immer- in Florians Blog.
Tja, und ich?
Wenn man mit dem Thema nichts anfängt, muss man vielleicht erst mal den Begriff klären. Doch selbst Wikipedia war mir hier keine große Hilfe. Und wenn der eigene Verstand nicht weiterhilft nutzt man heute die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, in dem Fall die von Gemini. Und das ist ein Auszug, was Gemini mir erklärte:
Serielle Fotografie (Fotoserie):
* Fokus: Hier liegt der Schwerpunkt auf einer Reihe von Bildern, die thematisch, konzeptionell oder stilistisch miteinander verbunden sind. Die einzelnen Bilder müssen nicht unbedingt eine fortlaufende Bewegung oder einen zeitlichen Ablauf darstellen.
* Ziel: Das Ziel ist es, durch die Zusammenstellung mehrerer Bilder eine Geschichte zu erzählen, ein bestimmtes Thema zu beleuchten, eine Stimmung zu erzeugen oder ein Konzept zu vermitteln.
* Beispiele:
* Eine Serie von Porträts verschiedener Menschen mit roten Hüten.
* Eine Sammlung von Aufnahmen unterschiedlicher architektonischer Details in einer Stadt.
* Eine Reihe von Landschaftsbildern, die die Veränderungen einer Jahreszeit zeigen (nicht unbedingt in schneller, sequenzieller Abfolge).
* Künstlerische Serien, die ein bestimmtes formales oder inhaltliches Konzept erkunden.
Ok, damit konnte ich arbeiten und fand auch ein Buch, dass mir gut gefiel und in die oben genannte Definition passte:
Union
Noel Bowler
Kehrer Verlag
Hardcover
24 x 28 cm
128 Seiten – 57 Fotografien
2015
ISBN: 978-3-86828-619-9
Über den Fotografen:
Noel Bowler wurde 1978 in Irland geboren. Er studierte Photography / Documentary Photography in Wales und Belfast und arbeitet heute unter anderem als Dozent an der Universität von Suffolk. 2011 war er mit seinen dokumentarischen Fotografien für den Deutsche Börse Photography Prize nominiert. Er veröffentliche inzwischen drei Bildbände. Den 2015 erschienen ersten Bildband möchte ich heute vorstellen.
Über das Buch:
Der Bildband „Union“ von Noel Bowler ist ein zur Hälfte in Leinen eingebundenes Hardcover-Buch. Bereits beim ersten Anfassen spürt man dadurch eine gewisse Wertigkeit. In schwarzen Lettern eingeprägt findet man auf der Titelseite den Namen des Buches und des Fotografen. Die andere Hälfte des Einbandes zeigt ein Büro mit rotbraunem Schreibtisch. Auf der Rückseite des Buches sind der Rest des Schreibtisches zu entdecken, sowie eine markantes Bild mit Feuerwehrmännern auf den Trümmern vermutlich des eingestürzten World-Trade-Centers. Die amerikanische Flagge zentral im Bild und ein Sporttrikot an einem Aktenschrank im Büro fallen dem Betrachter direkt ins Auge und verorten das Büro zumindest für mich direkt nach Amerika.
Mit diesem ausgewählten Bild verrät der Fotograf auch schon, was den Betrachter auf den folgenden Seiten erwartet: Noel Bowler hat in einem Zeitraum von etwa 4 Jahren Büroräume von unterschiedlichen Gewerkschaften in 14 Ländern aufgesucht und abgebildet. Die Räume unterscheiden sich in der Gestaltung, dem Mobiliar und den Bildern an der Wand. Die Menschen, die diese Räume zum Leben erwecken fehlen. Die Bilder werden meist auf der rechten Seite im Bildband auf weißen, festem Papier präsentiert. Bildbeschriftungen, Seitenzahlen oder etwas anderes findet man auf den Seiten nicht. (Am Ende des Buches gibt es aber ein Index-Verzeichnis, so dass man nachschauen kann, wo eine Aufnahme entstand.)
Die Serie zeigt viele Gemeinsamkeiten. Die Büro- und Konferenzräume wirken meist etwas steril und ruhig. Auch wenn man Gewerkschaften vermutlich eher mit etwas Kämpferischen verbindet, findet man auf diesen Bilder etwas anderes. Dort wo sonst, um das Wohl der Arbeiternehmer gestritten wird, herrscht nun Ruhe und vielleicht auch Langeweile. Dies wird auch in einem kurzen Vorwort von Ken Grant beschrieben.
Ganz ohne Menschen kommt das Buch jedoch nicht daher. Zwischen den Einblicken in Büroräume aus Amerika, Polen, Frankreich und sonstwo portraitiert Bowler auch immer Gewerkschafter, die in diesen Räumen arbeiten. Dabei werden diese Menschen aber nicht wie man erwartet an ihrem Schreibtisch oder in ihrem Büro abgebildet, sondern auch wieder recht steril, vor einer neutralen, weißen Wand. Allerdings lockert diese Abwechslung zwischen Büro und Menschen das Blättern für den Betrachter etwas auf.
Wichtig ist meines Erachtens noch das bereits oben erwähnte Index. Jede Aufnahme in kleinem Format und der Einordnung der Gewerkschaft und des Landes auf den letzten Seiten des Bildbandes hat mir geholfen, wenn ich am Rätseln war, wo eine Aufnahme entstand.
Fazit:
Das Thema „Serielle Fotografie“ klang für mich zunächst etwas sperrig, aber relativ flott war mir dann klar, dass dies ein Thema ist, mit dem ich mich selbst gerne beschäftige. Sammlungen zu unterschiedlichen Themen habe ich auf meiner Festplatte zur genüge.
Noel Bowler wählte für seine Sammlung ein besonderes Thema, nämlich „Gewerkschaften“. In einer Zeit, in der die Arbeit und Akzeptanz von Gewerkschaften nicht einfacher wird, zeigt er die Räume, in den Gewerkschafter arbeiten. Meines Erachtens bewußt stellt er diese Räume ruhig und neutral zur Schau, ganz im Gegensatz wie vielleicht sonst die dort verhandelten Debatten stattfinden. Auch die Tatsache, dass er unterschiedliche Länder auf der ganzen Welt für diese Serie bereiste, und natürlich die Büros sich von Kontinent zu Kontinent unterscheiden, zeigt Gegensätze, aber auch immer wieder Gemeinsamkeiten. Auch das ist vielleicht ein Sinnbild, für das was die Gewerkschaften rund um den Globus bewerkstelligen.
Links:
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Ein Hund hätte dem Spiel gut getan – Johannes Stahl (*)
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