Neue Folge, neues Thema. Diesmal widmen wir uns einem fotografischem Genre, dass uns beiden sehr am Herzen liegt: Streetfotografie
Florian stellt den Fotografen Jonathan Jasberg vor und konnte den Amerikaner auch für persönliche Kommentare im Podcast gewinnen. Ich kannte Jasberg bislang nur aus dem Blog von Florian, da er einen Jasberg-Workshop in Kyoto besuchte.
In der aktuellen Podcast Folge bespricht Florian das leider bereits vergriffene Buch:
Cairo: A Beautiful Thing Is Never Perfect
Jonathan Jasberg
Eyeshot – Verlag
22 x 24 cm
164 Seiten
Mai 2024
49,90 € (leider bereits vergriffen)
Seinen Beitrag findet Ihr auf seinem Blog.
Ich wählte einen Fotografen, den man, wenn man so will, einen Pionier der Streetfotografie nennen kann: Friedrich Seidenstücker und stelle ein Buch vor, was ursprünglich als Katalog zu einer Ausstellung in den Berlinischen Galerien im Jahre 2012 auf den Markt kam. Leider ist auch dieses Buch bereits vergriffen, aber im Antiquariat immer wieder zu finden.
Von Nilpferden und anderen Menschen
Hatje Cantz
Oktober 2011
328 Seiten, 236 Abbildungen
ISBN: 978-3-7757-3131-7
49,80 € – leider vergriffen und nur noch über Antiquariate erhältlich
Über den Fotografen:
Friedrich Seidenstücker wurde 1882 im westfälischen Unna geboren und zog für sein Maschinenbaustudium nach Berlin. Bereits früh im 20. Jahrhundert beschäftigte er sich mit Bildhauerei und fotografierte seinen Alltag. Zeitgenossen berichten, dass Seidenstücker immer eine Kamera dabei hatten, um keinen Moment zu verpassen. Schnell bemerkte Seidenstücker, dass von seinen beiden praktizierten Künsten mit der Fotografie auch Geld zu verdienen war, da die Zeitungen und Magazine in den frühen 1920er Jahren diese Bilder abdruckten wollten. Und so bestritt er zunehmend mit der Fotografie sein Leben. Er hielt sich dabei dabei gerne in den Straßen Berlins und im Berliner Zoo auf.
Zum Buch:
Das 328 Seiten dicke Buch „Von Nilpferden und anderen Menschen“ erschien im Hatje Cantz Verlag als Katalog zu der 2011/2012 in der Berlinischen Galerie stattfindenden, gleichnamigen Ausstellung.
Der Bildband ist eine Retrospektive zum Werk von Friedrich Seidenstücker. Die Herausgeber wählten aus über 15000 Bilddokumenten die gezeigten, rund 230 Bilder aus. Das Buch gliedert sich grob in 4 Kapitel:
- Straßenfotografie in Berlin 1920 – 1930
- Zoofotografie
- Aktfotografie
- Berlin nach dem zweiten Weltkrieg
Seidenstücker fotografierte dabei nicht die typischen Szenen seiner Zeit, die man zur Wahrung der Geschichte fotografieren muß. Er hielt den Alltag in Berliner Straßen fest, die Menschen, die man vielleicht als „den kleinen Mann“ bezeichnen würde, zum Beispiel die Kofferträger am Bahnhof. Aber auch Menschen wie Du ich finden Platz in seinem Bildband, Menschen mit Fotoapparaten auf der Straße und im Zoo findet man immer wieder in dieser Bildauswahl. Dabei steht der humoristische Ansatz seiner Fotografie oft im Vordergrund. Herausheben möchte ich beispielsweise das Foto eines Zoobesuchers, der sich mit seiner Kamera für ein besseres Fotomotiv zwischen den Stangen des ersten Zaunes eines Tiergeheges verrenkt, ganz genauso wie sein „Modell“ vor der Kamera, nämlich die Esel im Gehege, die eine ähnliche Verrenkung vollführen, um näher an dem komischen Gegenüber zu sein.
Im Bildband findet man eine Vielzahl solcher, teils doppeldeutigen Anspielungen, und sorgen damit für ein Schmunzeln auf dem Lippen des Betrachters. Leider gibt es selten Titel zu den Aufnahmen und der Zeitraum der Aufnahme kann oft nur geschätzt werden, da die Informationen dazu in Seidenstücker Archiv sehr spärlich vorhanden sind. Für die Bilder sind diese Informationen jedoch auch nicht relevant, zeigen sie aus heutiger Sicht eine ganz andere Zeit, zu erkennen an der Mode, der Umwelt und auch den gezeigten Fotoapparaten.
Da das Buch im renommierten Hatje Cantz Verlag erschienen ist, ist die Qualität über jeden Zweifel erhaben, die Bilder werden großformatig mit ausreichend Raum zwischen den Aufnahmen veröffentlicht. Erläuternde Texte über den teils wohl „kauzigen“ Fotografen oder aber auch über die Technik finden sich im Buch zwischen den einzelnen Kapiteln. Am Ende des Buches werden diese Texte auch noch einmal ins Englische übersetzt.
Fazit:
Wichtig in der Straßenfotografie sind mir persönlich zwei Aspekte, zum einen -wie von Henry Cartier-Bresson beschrieben- der entscheidende Moment; das Bild sollte eine Situation zeigen, die etwas besonderes ist, und dadurch vielleicht eine Geschichte transportiert. Zum anderen mag ich den dokumentarischen Ansatz mit der Streetfotografie Szenen festzuhalten, die sich verändern, wie Kleidung, Straßenverkehr und Gebäude.
Beides vereint der Bildband von Friedrich Seidenstücker „Von Nilpferden und anderen Menschen“ wunderbar. Seidenstückers besonderer Moment ist oftmals humorvoll und doppeldeutig, ohne dabei jemanden Bloß zu stellen. Außerdem sind die teilweise über hundert Jahre alten Fotografien Zeitdokumente der Vergangenheit.
Leider ist der Bildband von Seidenstücker vergriffen und auch andere, noch erhältliche Werke sind mir nicht bekannt, wenn man aber mal die Möglichkeit besitzt Bilder von Seidenstücker in einer Ausstellung oder anderswo zu betrachten, sollte man diese wahrnehmen, es lohnt sich.
Links:
Friedrich Seidenstücker auf Wikipedia
Fotostrecke Seidenstücker auf Spiegel.de
Jonathan Jasberg auf Instagram
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