Oh, nein… jetzt reden sie auch noch über sich selber, und dann wird es prompt die bislang längste Podcast-Folge mit rund 2h.
Aber keine Sorge, es klingt schlimmer als es ist. Schliesslich quatschen wir zunächst über Florians neue Kamera (Blogpost), die er endlich erhalten hat und überlegen uns, angeregt durch Eure Vorschläge, ein Fotoprojekt während der anstehenden Europameisterschaft in Deutschland. Wenn Ihr dabei mitmachen wollt, einfach gerne melden!
Und erst danach reden wir im Podcast über die fotografischen Werke des jeweils anderen. Florian hat sich mein kleines Zine „Durchblick“, in dem ich verschiedene Fotoapparate mit Hilfe von Röntgenstrahlen durchleuchtet habe, zur Brust genommen und stellt die Bilder so vor, wie er es bislang mit allen anderen Künstlern auch getan haben.
Seinen Blogbeitrag findet Ihr wie immer in seinem Blog!
Und ich widme mich umgekehrt Florians Werken und hier insbesondere seinem neusten Bildband „Pollino“.
Florian ist der einzige Fotograf, dessen sämtliche Bücher sich in meinem Bücherregal befinden. Die regelmäßigen Blogleser kennen ihn auch sicher von der Vorstellung seiner anderen Bücher hier im Blog und im Podcast.
Aber der Reihe nach:
Insgesamt gibt es von Florian Renz 5 Bücher:
Auf der Suche nach der perfekten Stadion Wurst
Erscheinungsjahr 2014
LOCKDOWN Hamburg
Erscheinungsjahr 2021
Shop (bereits ausverkauft)
Dear India
Erscheinungsjahr 2023
Windows To Japan’s Soul
Erscheinungsjahr 2023
Pollino
Erscheinungsjahr 2024
Sein erstes Buch „Auf der Suche nach der perfekten Stadionwurst“ ist eine wunderbare Sammlung von Blogartikel des (leider nicht mehr vorhandenen) Blog „Fussballwurst“, der im Übrigen einmal für den Grimme-Preis nominiert war. Die kurzen Geschichten sind humorvoll geschrieben, passen aber inhaltlich nicht so zur Fotobuch-Ecke, da es mit Fotografie nichts zu tun hat, deswegen möchte ich das Buch einmal aussen vorlassen.
Lockdown Hamburg: ein Buch, dass -wie der Name schon verrät- während der Corona-Pandemie entstand, zeigt die menschenleeren Straßen der damaligen Zeit. Das Buch habe ich bereits vor rund 2 Jahren im Blog besprochen, wer mag kann meine Vorstellung hier nachlesen.
Ebenfalls im Blog bereits rezensiert: Dear India, eine fotografisches Liebeserklärung an das Land, das Florian bereits mehrfach bereiste.
Bleiben die letzten beiden Bücher, denen ich mich im Podcast und hier im Beitrag widmen möchte:
Bereits Ende letzten Jahres erschien ein kleines Fotozine mit 58 Seiten, in dem Florian die Bilder seiner Reise nach Japan zeigt:
Windows To Japan‘s Soul
In einem kurzen Vorwort stellt er diese Reise und die Fotografie, die er damals in Japan betrieben hat, vor. Gezeigt werden klassische Streetaufnahmen, mal schwarz weiss, mal in Farbe. Florian achtet bei seinen Bildern auf eine spannende Gestaltung, die sofort die Fantasie des Betrachters anregt. Herausheben möchte ich beispielsweise ein Bild eines Mannes in einer ansonsten leeren Bar, am Tresen sitzend mit einem Bier vor sich. In der Hand hält er ein Mikrofon, sein Blick geht vermutlich auf einen, nicht mehr im Bild zu erkennenden Karaoke Monitor. Hinter dem Tresen blickt die Bedienung auf den Fotografen, der diese Szene von außen durch die Fensterscheibe aufnimmt. Nicht nur dass die Rahmen der einzelnen kleineren Scheiben auch den Protagonisten in den richtigen Rahmen rücken, auch die Szenerie in Schwarz-Weiß verleiht dem Bild eine gewisse Melancholie. Der vielleicht einsame Mann, die unbeteiligte Wirtin, es erinnert an Szenen aus Filmen, in denen der Protagonist die Lösung seiner Probleme an der Bar sucht. Eine Momentaufnahme mitten in Japan, die man erstmal sehen, und dann auch noch so festhalten muss.
Ein weiteres Beispiel aus diesem kleinen Fotoheftchen, zeigt ebenfalls mit welcher Aufmerksamkeit Florian bei seinen fotografischen Streifzügen unterwegs ist: Mitten in einem japanischen Zug steht ein Mensch, verkleidet mit einem überdimensional großen Katzenkopf direkt an der Tür um vermutlich an der nächsten Haltestelle die Bahn zu verlassen. Keiner der Mitreisenden nimmt Notiz von der imposanten Gestalt. Ganz im Gegenteil, ein älterer, weisshaariger Mann mit schmaler dunkler Brille schaut mit kritischem Auge genau in die Kamera von Florian. Dieser Augenblick ist so perfekt eingefangen, und zeigt, wer in diesem Zug der eigentlich Fremde ist, und das ist eher nicht die übergroße Katze.
Zusammenfassend finde ich, dass Florian mit diesem Fotozine eine hervorragende Möglichkeit gefunden hat, eine kleinere Sammlung durchaus gelungenen auf Papier und an den Mann zu bringen. Druckqualität auf etwas cremefarbigen Papier und Haptik sind für ein Magazin durchaus überzeugend. (Nicht ohne Grund habe ich deshalb für „Durchblick“ die gleiche Druckerei ausgewählt).
Und dann hat Florian Renz vor kurzem noch einen weiteren Bildband veröffentlicht. Diesmal wieder ein gebundenes Buch:
Pollino
In diesem Buch zeigt Florian seine Fotografien, die er während einer mehrtägigen Wanderung durch den süditalienischen Nationalpark „Parco national de Monte Pollino“ aufgenommen hat.
Dieses Buch fasziniert mich auf zwei Arten: zum einen die Landschaft zum anderen die Fotografie.
Florian nimmt mich mit in eine Welt, die ich noch nicht kannte. Mit Süditalien verbinde ich klischeehaft Mittelmeer, Sonne, Pasta und vielleicht noch in Krimis die Mafia und nicht schneebedeckte Berge, markante Felslandschaften und knorrige, zugefrorene Kiefern. Der Nationalpark ist der größte Italiens und genau dort findet man nur diese Panzerkiefern mitten im Schnee. Die Gegend ist ziemlich verlassen und erst durch Wanderungen richtig zu erkunden. Zum Teil zeigt Florian in seinen Fotos die Ausrüstung, mit der die Wandergruppe unterwegs war. Man kann sich vorstellen, dass diese Tour durch die Einsamkeit sowie Enthaltsamkeit und vermutlich auch Unbequemlichkeit geprägt ist, und somit definitiv nichts für mich sein würde. Belohnt wird man jedoch mit Bildern, die Florian in seinem neusten Buch veröffentlicht. Er hat überwiegend analog fotografiert und entstanden sind beeindruckende schwarz-weiß Aufnahmen mit weißem Schnee vor schwarzen Bäumen und Felsen. Das breite Spektrum von Weiß und Tiefschwarz ist etwas, was ich an diesen Aufnahmen schätze.
Florian lässt bei der Gestaltung des Bildbandes den Bildern viel Platz. Weiße Flächen im etwas ungewöhnlichen Format von knapp 20 × 30 cm spiegeln den Schnee und vorallem die Ruhe und Einsamkeit, die Florian erlebt hat, wider. Auf diese Art und Weise nimmt der Fotograf uns noch ein bisschen mehr mit in die ansonsten nur schwer erreichbare Region. Heraus heben möchte ich ein Bild einer Panzerkiefer, von der ein weiterer Expeditionsteilnehmer gerade ein Foto macht. Die Relationen des Fotografen zu dem mächtigen Baum, der anscheinend vollständig zugefroren und Schnee bedeckt ist, zeigen wie imposant die Natur sein kann. Zusätzlich hat es Florian mit der Belichtung geschafft einen homogen grauen Hintergrund hervorzurufen, der dem Bild noch etwas ruhiges verleiht.
Und dies ist nur ein Beispiel wie der gesamte Bildband aufgebaut ist. Ein beeindruckendes Foto folgt auf das nächste. Insgesamt zeigt Florian 44 Aufnahmen auf 64 Seiten. Zwischendurch erläutert er in kurzen Texten die Abschnitte der Reise, die Entbehrlichkeiten und am Ende auch die glückliche Ankunft nach all den Strapazen.
Ich freue mich, dass Florian diesen Bildband herausgegeben hat, und so einem größeren Publikum, den zumindest mir, und vermutlich auch vielen anderen Menschen unbekannten Nationalpark zeigt und dabei auch die Faszination der analogen Fotografie mit beeindruckenden Schwarz und Weiß hervorhebt.
Gedruckt wurde das Buch erneut bei der Druckerei Grammlich, bei der ich ebenfalls schon meine Bücher gedruckt habe. Die Qualität ist deshalb -wenig überraschend- über jeden Zweifel erhaben. Der Schnee weiße Einband mit seiner angenehm rauen, ungeschützt Haptik verleiht dem Buch eine hochwertige Note, gleichwohl ich diesen aufgrund der hellen Farbe sehr schonend anfassen möchte, damit das Buch nicht „vergrabbelt“ aussieht.
Alles in allem ein herausragend beeindruckender Bildband, und wie ich finde, Florians ruhiger Bildband!
Links:
Fotozine Windows To Japan’s Soul (Shop)
Fotozine Durchblick (Shop)
* Bei den gekennzeichneten Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Wenn Du die verlinkten Produkte kaufst, nachdem Du auf den Link geklickt hast, erhalte ich eine Provision direkt vom Händler dafür. Du zahlst bei Deinem Einkauf nicht mehr als sonst, hilfst mir aber dabei den Blog und den Podcast zu betreiben. Vielen Dank für Deine Unterstützung!